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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) (Archiv)

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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) | 30.05.2022 – 13.06.2022

06:2022: Rebhuhnmonitoring in Ingersheim

Früher war das Rebhuhn einer der häufigsten Vögel unserer Agrarlandschaft. Seit 1980 sind die Bestände des Rebhuhns allerdings europaweit um 94 % zurückgegangen. Auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands wird das Rebhuhn inzwischen als „stark gefährdet“ eingestuft. Höchste Zeit also, mehr für den Erhalt des Rebhuhns zu tun!“

Mit diesem einleitenden Satz war mein Interesse geweckt und im weiteren wurde nach „Interessierten gesucht, die sich ehrenamtlich an der Erfassung der Rebhuhn Bestände beteiligen“. Immer wieder wurde mir von Rebhuhn-Sichtungen berichtet, aber unscharf sowohl in Ort als auch in Zeit.

Deshalb habe ich die Chance genutzt und mich für Ingersheim um Kartier-Strecken bemüht. Das Vorgehen ist einfach: Mit Hilfe einer Klangattrappe und einen Lautsprecher war ich in der Abenddämmerung ab Ende Februar einmal pro Woche eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang unterwegs und lauschte in die Nacht hinein. Anfänglich fehlte der Erfolg, aber dann erhielt ich erstmals am 25.3.22 „Antwort“ von einem männlichen Rebhuhn. Am 28.3.22 war ich nochmals erfolgreich unterwegs, dieses Mal in Begleitung und mit Nachtsichtkamera dokumentiert.

Das bedeutet, Ingersheim hat die Chance, dass wieder Rebhühner brüten.

Jetzt gilt es aber, Lebensraum für Rebhühner wieder herzustellen, z.B. durch mehrjährige Buntbrachen (siehe Merkblatt zur Anlage einer Buntbrache vom LEV).

Im Wesentlichen werden drei Ursachen für den Rückgang der Rebhühner verantwortlich gemacht (POTTS 1986, POTTS 2012, KUIJPER 2009). Diese drei Ursachen hängen außerdem zusammen:

Pestizide

Rebhuhnküken leben in den ersten Lebenswochen fast ausschließlich von Insekten und anderen wirbellosen Tieren. Der Einsatz von Herbiziden verringert die Artenzahl der Pflanzen und damit auch die Lebensgrundlage vieler Insekten. Die Insektizide reduzieren Insekten auf direktem Weg. Dieser Zusammenhang wurde vor allem in England viele Jahrzehnte ausführlich untersucht: Mit zunehmenden Erträgen auf den Feldern nahm die Sterblichkeit der Rebhuhnküken immer weiter zu (POTTS 1986). Auch für Polen ist dieser Zusammenhang mit langjährigen Daten belegt. Die Überlebensrate der Küken sank von 57% (1987) auf 34% (PANEK 2019). Besonders eindrücklich ist der Feldversuch von RANDS (1985). In Feldern mit Herbizidanwendung zogen die Rebhuhnpaare im Durchschnitt lediglich 2,15 Küken auf. Ließ man am Rand der Felder einen 6 Meter breiten Streifen ungespritzt, zogen sie 6,38 Küken auf.

Verlust an Strukturen

Rebhühner brüten gerne in ungenutzter Vegetation (Altgras etc.), die schon mindestens ein Jahr Zeit hatte, sich zu entwickeln, z. B. Feldraine, Brachen, Säume von Hecken, mehrjährige Blühflächen. Die Kapazität des Lebensraums wird wesentlich durch das Vorhandensein von solchen Strukturen zur Nestanlage bestimmt (RANDS 1986). Solche Strukturen fehlen in der Landschaft. Gleichzeitig lebt das Rebhuhn über das Jahr hinweg in den verschiedenen Kulturen, denn je nach Jahreszeit bieten andere Feldfrüchte die beste Deckung oder Nahrung. Ein kleinräumiges Nebeneinander von verschiedenen Feldfrüchten und dazwischen ungenutzte Vegetation ist ein optimaler Rebhuhn-Lebensraum. Die Felder sind größer geworden, für den Wechsel zwischen den Kulturen müssen die Rebhühner weitere Strecken zurücklegen und auch die ungenutzten Raine dazwischen sind rarer geworden.

Prädation

Rebhühner leben riskant. Sie fressen, brüten und schlafen am Boden. Besonders zur Brutzeit und bei hoher Schneelage sind die Verluste groß. Die Dichten einiger Prädatoren sind heute höher als vor wenigen Jahrzehnten. Der wichtigste Prädator des Rebhuhns ist der Fuchs, der sich seit der Tollwutimmunisierung deutlich vermehrt hat. Dadurch hat sich die jährliche Jagdstrecke von Füchsen seit 1980 verdreifacht (WILD 2018). Rebhühner halten sich deshalb oft noch in geringen Dichten in großräumig waldarmen Landschaften: fernab der nächsten Wälder gibt es weniger Beutegreifer. Das ermöglicht den letzten Rebhühnern dort das Überleben.

Zusammenwirken der drei Ursachen

In ungespritzten, unkrautreichen Feldern war das Rebhuhn früher weniger auf die Saumstrukturen angewiesen. Mit zunehmender Pestizidanwendung wurden die ungenutzten Randstrukturen immer bedeutender für das Überleben der Rebhühner. Gleichzeitig sind die Säume hochgradig riskant, da schmale Flächen von Füchsen und anderen Prädatoren gerne abgesucht werden. HARMANGE et al. (2019) belegen, dass die schleichenden Veränderungen in der Landschaft die Rebhühner zu immer riskanteren Aufenthaltsorten treiben. Außerdem wurden Feldränder mit der Vergrößerung der Felder seltener. PANEK (2013) konnte zeigen, dass Rebhuhn und Räuber leichter aufeinandertreffen, wenn es nur wenige Hecken, Feldraine und Brachen gibt. So ist das gestiegene Prädationsrisiko nicht ausschließlich auf höhere Fuchsdichten zurückzuführen, sondern ist außerdem eine Folge der Veränderungen in der Landschaft.

Mit dem Rebhuhn verlieren wir einen großen Teil der Biologischen Vielfalt der Agrarlandschaft. Andere Feldvögel, etwa Feldlerche, Goldammer, Hänfling, sind ebenso betroffen wie Feldhase, Feldhamster, Ackerwildkräuter und unzählige Insektenarten.

(Texte auszugsweise aus https://www.rebhuhn-retten.de/)

Wir als BUND Ortsverband werden uns weiter beim Monitoring beteiligen und darauf hinwirken, wieder Lebensraum für das Rebhuhn zu schaffen.

Auch interessiert? Dann melden sie sich bei uns: bund.ingersheim@bund.net.

Spannend wird sein, wann es Bildnachweise von Rebhühner in Ingersheim gibt. 

Karin Zimmer, Vorsitzende BUND OV Ingersheim Tel.: 22 06 85

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