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Archiv | 19.06.2020 – 03.07.2020

Vor 70 Jahren: Einweihung der neuen Volksschule

Eigentlich hätte es eine kleine Ausstellung sein sollen. Im Rathaus hätte sie eröffnet werden sollen, am 25. Juni wäre der Termin gewesen. Doch leider haben die Beschränkungen der Corona-Pandemie unsere Pläne zunichtegemacht. Auch der Festakt am 3. Juli musste abgesagt werden. Dennoch wollen wir die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, den Neubau der Schule in Großingersheim vor 70 Jahren zu würdigen. Wir- das sind die Engagierten in und um die Schillerschule sowie Frau Popper vom Archiv der Gemeinde.

Festzug vom Hindenburgplatz zur neuen Volksschule

Am 30. April 1950 war die Einweihung der heutigen Schillerschule. Ein Festzug zog vom alten Schulhaus am Hindenburgplatz (heute neues Rathaus) über die Marktstraße auf das freie Feld, wo die Schule nach einjähriger Bauzeit eingeweiht wurde. Es gab viele Reden und Gesang unter freien Himmel. Ein Empfang im Festsaal der Rose beschloss für die Ehrengäste den Tag.

Der Neubau einer Schule ist für jede Gemeinde ein besonderes Bauprojekt, das mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden ist, ganz besonders in dieser Zeit gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs.  Den Neubau hat die Gemeinde einem vorherigen Unglück zu verdanken. Fast 6 Jahre zuvor am 16. Dezember 1944 war bei einem Bombenangriff das alte Schulhaus schwer beschädigt worden. Es wurde zwar bald wieder notdürftig repariert, doch reichten die Unterrichtsräume für die wachsende Schülerinnenzahl bei weitem nicht. So musste z.B. der Religionsunterricht in der methodistischen Kapelle gegeben werden, der Handarbeitsunterricht im Ochsen. Dass diese Situation keine Dauerlösung sein konnte, war offensichtlich.


Die neue Schule am Tag der Einweihung zwischen Äckern, Gärten und Wiesen


Bemerkenswert bei der Entscheidung für ein neues Schulhaus war sein Standort, der sehr kontrovers diskutiert wurde. Er war auf dem freien Feld, mit beträchtlichen Abstand zur Bebauung. Warum dies? Innerorts war kein Grundstück dieser Größe zu bekommen, geschweige denn dass die Gemeinde das Geld dazu gehabt hätte. So trat Bürgermeister Braun gleich nach seinem Amtsantritt mit der Großgrundbesitzerin in Großingersheim, Gräfin Bentzel von Sternau und Hohenau, einer geborenen Sturmfeder in Verhandlung. Sie schenkte schließlich der Gemeinde 1 ha Ackerfläche zum Bau eines Schulhauses. So kam es, dass die Schule an dieser Stelle, wo sie heute noch steht, erbaut wurde. Gleichzeitig war absehbar, dass die freie Fläche zwischen Markstraße, Besigheimer und Forsstraße schon bald mit Häusern für die vielen Geflüchteten und Heimatvertriebenen bebaut sein würde.


Bürgermeister Karl Braun, ein SPD-Mann erster Stunde und unbelastet von den Verbrechen der Nationalsozialisten, genoss das Vertrauen der Militärregierung. Sie hatte ihm 1945 die kommissarische Leitung der Gemeinde übertragen. 1946 bestätigten ihn die Gemeinderäte einstimmig im Amt und 1948 bekam er bei der ersten demokratischen Bürgermeisterwahl die Stimmenmehrheit. Er war bis 1964 im Amt, bis 1963 Mitglied des Kreistages und bis 1967 Mitglied des Landtags. Karl Braun starb 1983. Er ist bis heute der einzige Ehrenbürger von Ingersheim.

Mit der Schenkung konnte die Planung in Angriff genommen werden. Der Stuttgarter Architekt, Professor Lempp fertigte erste Pläne für den Backsteinbau mit dem auffälligen Arkadengang, mit denen die Gemeinde Behörden und Kreditgeber von dem Neubau überzeugt wurden.

Die Finanzierung war schwierig. Die amerikanische Militärregierung lehnte zunächst das Darlehen über 100 000 DM ab „In Anbetracht der heutigen Verhältnisse übersteige ein solches Bauvorhaben nicht nur die Mittel der Gemeinde, sondern sei auch unnötig für ihr Gedeihen. Die zur Errichtung dieses Schulhauses erforderlichen Gelder und Materialien wären zur Erstellung von neuem Wohnraum viel besser angebracht.“ Damit gab man sich aber nicht zufrieden. Mit der für Bildung zuständigen Stelle wurden weitere Verhandlungen geführt, die dazu führten, dass das Darlehensgesuch befürwortend und mit Erfolg an die Bank Deutscher Länder weitergeleitet wurde. Großingersheim konnte bauen. Und bekam den ersten Schulneubau im Kreis Ludwigsburg nach dem Krieg. Die Bietigheimer Architekten Faller und der spätere Bundestagsabgeordnete Claus Weyrosta übernahmen die Bauleitung. Die Firma Gebhard aus Gemmrigheim erstellte den zweigeschossigen Bau, der Innenausbau wurde hauptsächlich von ortsansässigen und Bietigheimer Handwerkern geleistet. Die Möbel lieferte die Öhringer Schulmöbelfabrik. 1965 war bereits ein Anbau mit 6 Klassenzimmern nötig. Dann verteilten die Gemeinden Großingersheim, Kleiningersheim und Pleidelsheim ihre Schüler klassenweise auf die verschiedenen Schulgebäude. Seit 1978 ist die mittlerweile als Schillerschule bezeichnete Bildungseinrichtung in Großingersheim eine reine Grundschule.

Text und Bild – Gemeindearchiv Ingersheim

 

Die Ruinen der alten Schule neben dem Rathaus

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