Amtliche Bekanntmachungen | 29.11.2024
Die bundesweite Grundsteuerreform wurde notwendig, da das Bundesverfassungsgericht am 10.04.20218 die bisherige Berechnung der Grundsteuer nach jahrzehntelanger Kritik für verfassungswidrig erklärt hatte und bestimmt hat, dass die geltenden Gesetzesregelungen bis längstens 31.12.2024 angewendet werden dürfen. Ausschlaggebender Grund hierfür war die Berechnung der Grundsteuer - es wurde auf Wertverhältnisse des Jahres 1964 zurückgegriffen, eine Aktualisierung der Grundstückswerte ist seither nicht erfolgt. Daraufhin hat der Bundestag eine Grundgesetzänderung sowie eine Reform der Bewertungsregelungen beschlossen, welche es den Ländern erlaubt haben, vom Grundsteuerrecht des Bundes (Bundesmodell) abzuweichen und eigene Regelungen für die Grundsteuer zu treffen. Hiervon hat Baden-Württemberg Gebrauch gemacht und das Landesparlament hat am 04.11.2020 das Landesgrundsteuergesetz Baden-Württemberg (LGrStG) beschlossen.
Bei der Land- und Forstwirtschaft folgt Baden-Württemberg mit der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Flächen) dem bundesdeutschen Modell. Die Bewertung erfolgt hier auf Basis eines typisierenden durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Während die Wohngebäude in der Land- und Forstwirtschaft bisher in der Grundsteuer A mitbewertet worden sind, werden diese zukünftig als eigenes Grundsteuerobjekt bei der Grundsteuer B bewertet. Für das Grundvermögen, die Grundsteuer B (Wohn- und Gewerbeflächen), hat Baden-Württemberg mit dem sog. modifizierten Bodenwertmodell einen ganz eigenen Weg gewählt. Bei diesem Modell wird die Grundstücksfläche mit dem vom örtlichen Gutachterausschuss auf den 01.01.2022 festgestellten Bodenrichtwert multipliziert. Im Gegensatz zum bisherigen Recht spielen darin die tatsächliche Bebauung des Grundstücks oder die Gebäudewerte keine Rolle mehr. Es kommt allein auf die Grundstücksgröße und den Bodenrichtwert der jeweiligen Richtwertzone an.
Sowohl im Bundesrecht als auch im LGrStG wird die Grundsteuer wie bisher in einem dreistufigen Verfahren mit unterschiedlichen Zuständigkeiten ermittelt. In einem ersten Schritt, dem sogenannten Bewertungsverfahren, stellen die Finanzämter den Grundsteuerwert fest. Hierzu mussten im Zuge der Grundsteuerreform alle Betroffenen eine entsprechende Steuererklärung abgeben. Das Verfahren endet mit dem Bescheid eines Grundsteuerwertbescheides. Im zweiten Schritt wird von den Finanzämtern auf der Grundlage des Grundsteuerwerts der Messbetrag errechnet. Dieses Verfahren endet mit dem Erlass eines Messbescheids. In beiden Verfahren ist lediglich der/die Steuerpflichtige, nicht aber die Gemeinde involviert und hat somit keine Zuständigkeiten oder Rechte. Sie ist an die Entscheidungen der Finanzämter ohne Anfechtungsmöglichkeit rechtlich gebunden. Im dritten und letzten Schritt erhält nun die Gemeinde die Verfahrenshohheit und errechnet die Grundsteuer, indem sie den von den Finanzämtern festgelegten Messbetrag mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Hebesatz multipliziert. Die so errechnete Grundsteuer wird dann mittels dem Grundsteuerbescheid gegenüber dem Steuerpflichtigen festgesetzt.
Hierbei ist es wichtig zu verstehen, dass die Kommunen und Städte an die vom Finanzamt festgelegten Grundsteuerwerte und Grundsteuermessbeträge rechtlich gebunden sind, selbst wenn sie fehlerhaft sein sollten. Es bestehen keinerlei Einflussmöglichkeiten seitens der Kommunalebene gegenüber der Finanzverwaltung.
SATZUNG
über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer
(Hebesatzsatzung)
vom 26.11.2024
Aufgrund § 4 der Gemeindeordnung und §§ 2 und 9 des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg in Verbindung mit §§ 1, 50 und 52 des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg und §§ 1, 4 und 16 des Gewerbesteuergesetzes hat der Gemeinderat der Gemeinde Ingersheim am 26.11.2024 folgende Satzung beschlossen:
§ 1 Steuererhebung
(1) Die Gemeinde Ingersheim erhebt von dem in ihrem Gebiet liegenden Grundbesitz Grundsteuer nach den Vorschriften des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg.
(2) Sie erhebt Gewerbesteuer nach den Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes von den stehenden Gewerbebetrieben mit Betriebsstätte in der Gemeinde Ingersheim. und den Reisegewerbebetrieben mit Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit in der Gemeinde Ingersheim.
§ 2 Steuerhebesätze
Die Hebesätze werden festgesetzt
1. für die Grundsteuer
a) für die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (Grundsteuer A) auf 830 v.H.,
b) für die Grundstücke (Grundsteuer B) auf 212 v.H.,
2. für die Gewerbesteuer auf 390 v.H.
der Steuermessbeträge.
§ 3 Geltungsdauer
Die in § 2 festgelegten Hebesätze gelten erstmals für das Kalenderjahr 2025.
§ 4 Grundsteuerkleinbeträge
Grundsteuerkleinbeträge im Sinne des § 52 Abs. 2 des Landesgrundsteuergesetzes für Baden-Württemberg werden fällig
a) am 15. August mit ihrem Jahresbetrag, wenn dieser 15 Euro nicht übersteigt,
b) am 15. Februar und 15. August zu je einer Hälfte ihres Jahresbetrags, wenn dieser 30 Euro nicht übersteigt.
§ 5 Inkrafttreten
Diese Satzung tritt am 01.01.2025 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Satzung über die Erhebung der Grundsteuer und Gewerbesteuer vom 25.03.2014 in der Fassung vom selben Tag außer Kraft.
Hinweis nach § 4 Abs. 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg
Eine etwaige Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) oder aufgrund der GemO beim Zustandekommen dieser Satzung wird nach § 4 Abs. 4 GemO unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich oder elektronisch innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung dieser Satzung gegenüber der Gemeinde Ingersheim geltend gemacht worden ist. Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist zu bezeichnen. Dies gilt nicht, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzung, die Genehmigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind.
Ingersheim, 26.11.2024
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gez. Simone Lehnert, Bürgermeisterin
Informationen zu den neuen Hebesätzen
Der Gemeinderat als entscheidendes Organ der Kommune hat in seiner Sitzung vom 26.11.2024 die neuen Hebesätze in der Grundsteuer beschlossen, die ab dem 01.01.2025 gültig sein werden. Auf die voranstehende Bekanntmachung der Hebesatzsatzung wird Bezug genommen. Die bereits 10 Jahre geltenden bisherigen Hebesätze treten somit nach dem Jahreswechsel außer Kraft. Der Hebesatz der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) wird künftig auf 830 v.H. und der der Grundsteuer B (Wohn- und Gewerbeflächen) auf 212 v.H. festgesetzt. Grundsätzlich muss sich die Höhe des angestrebten Grundsteueraufkommens wie bisher auch (weil gesetzlich vorgeschrieben) am vorliegenden Finanzbedarf der Gemeinde Ingersheim und den haushaltsrechtlichen Maßgaben, nicht jedoch am bisherigen Grundsteueraufkommen, orientieren.
In diesem Zusammenhang erfolgt der wichtige Hinweis für das gesamtheitliche Verständnis, dass es sich bei der medial vieldiskutierten Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform um einen Appell des Bundes und der Länder an die Kommunen und Städte handelt, die Hebesätze nicht unverhältnismäßig zu erhöhen. Eine gesetzliche Weisungsbefugnis hierzu besteht nicht, da die Festlegung der Hebesätze für die Grundsteuer in die kommunale Selbstverwaltungshoheit fällt, also allein dem Gemeinderat vorbehalten ist, und weder seitens der Bundes- noch der Landesregierung vorgegeben werden kann. Der Ingersheimer Gemeinderat hat wie bisher auch die maßgeblichen Gesetzesvorgaben beachtet und die Hebesätze unter Berücksichtigung aller noch bestehenden Unwägbarkeiten und fehlenden Entscheidungen seitens der Finanzverwaltung ohne deutliche Erhöhung des gesamten Grundsteueraufkommens in einer öffentlichen Sitzung transparent festgelegt.
Die trotzdem eintretenden Belastungsverschiebungen innerhalb der Grundsteuerpflichtigen sind die vom Bundesgesetzgeber bewusst gewollte Folge der Grundsteuerreform. Die Höhe der Belastungsverschiebungen im Bereich der Grundsteuer B (Wohn- und Gewerbeflächen) resultiert aus dem vom Land Baden-Württemberg beschlossenen Bodenrichtwertmodell, bei dem die Gebäudewerte nicht beachtet werden. Größere Grundstücke werden teurer, kleinere Grundstücke oder Grundstücksanteile werden billiger genauso wie gewerbliche Flächen, da diese einen meist geringeren Bodenrichtwert besitzen. Da die Gemeinde Ingersheim für ihre Gemarkung nur einen einheitlichen Hebesatz erlassen kann, können die von den Gesetzgebern gewollten Belastungsverschiebungen kommunal nicht ausgeglichen werden.
Grundsteuerbescheide 2025
Die Grundsteuerbescheide werden systembedingt wie alle kommunalen Steuerbescheide beim kommunalen Rechenzentrum in Stuttgart erstellt. Da für das nächste Jahr alle Kommunen und Städte in Baden-Württemberg für alle Grundsteuerpflichtigen Bescheide benötigen, ergibt sich hier zwangsläufig ein Engpass bei den landesweiten Rechenzentren. Unser Rechenzentrum hier hat sich so gut wie möglich vorbereitet und versucht, alle Bescheide schnellstmöglich zu erstellen und auszuliefern, nachdem die Hebesätze der Kommunen und Städte feststehen. Allerdings kommt nun der angekündigte Wahltermin im Februar als nicht vorhersehbare Mehrarbeit noch obendrauf, was die Lage in den Rechenzentren weiter verschärft. Es ist daher momentan nicht absehbar, wann die Grundsteuerbescheide für Ingersheim erstellt werden können. Wir hoffen aber auf eine fristgerechte Auslieferung Mitte/Ende Januar wie bisher auch.
Wenn Sie den Grundsteuerbescheid dann erhalten, erinnern Sie sich bitte an das bereits erläuterte dreistufige Verfahren und daran, dass die Gemeinde Ingersheim lediglich für die Festsetzung des Hebesatzes verantwortlich ist.
Sollten Sie zum Hebesatz oder zur Berechnung Fragen haben, können Sie sich gerne an das Steueramt der Gemeinde Ingersheim wenden.
Sollten Sie mit der Höhe des Hebesatzes nicht einverstanden sein, können Sie hiergegen wie im Bescheid erläutert Rechtsmittel bei der Gemeinde Ingersheim einlegen.
Sollten Sie aber Fragen zu den vom Finanzamt festgelegten Werten haben, die dem Grundsteuerbescheid zugrunde liegen, setzen Sie sich bitte direkt mit dem Finanzamt in Verbindung.
Sollten Sie mit den vom Finanzamt festgelegten Werten nicht einverstanden sein, wenden Sie sich ebenfalls direkt an Ihr Finanzamt.
Die Gemeinde Ingersheim kann hierzu keine Auskünfte geben, da die Verfahren bei den Finanzämtern angesiedelt sind und nicht beim örtlichen Steueramt. Ein Widerspruch gegen den Grundsteuerbescheid würde insofern auch nicht weiterhelfen, da die Gemeinde Ingersheim an die vom Finanzamt übermittelten Daten gebunden ist und diese nicht beeinflussen kann. Sollte also wegen der vom Finanzamt festgelegten Werte Widerspruch eingelegt werden, müsste dieser zwangsläufig entsprechend abgewiesen werden. Weitere Hinweise und Informationen hierzu finden Sie auch auf dem Grundsteuerbescheid. Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Ihr Steueramt der Gemeinde Ingersheim