NABU Ortsgruppe Hessigheim | 06.05.2025
Explosionsbestäubung
Wenn von Bestäubung die Rede ist, haben die meisten Menschen das Bild einer Honigbiene im Kopf, die sich am Nektar zu schaffen macht und von Blüte zu Blüte fliegt. Am Haarkleid der emsigen Sammlerin bleiben dabei Pollen haften, die andere Pflanzen befruchten.
Die Natur hat allerdings noch andere Fortpflanzungsmechanismen für ihre Flora entwickelt. Jedes Frühjahr, wenn die Temperaturen ansteigen und die Sonne wieder häufiger am Himmel zu sehen ist, kommen diese zum Einsatz und sind dafür verantwortlich, dass uns die Natur ihr jährliches großes Farbspektakel zeigt.
Während einige Pflanzen wie der Löwenzahn ihre Samen auch über große Entfernungen vom Wind weitertragen lassen, nutzen manche Seegrasarten wiederum das umliegende Wasser zum Transport. Ihre langen, fadenförmige Pollen werden mit Hilfe der Strömung zur nächsten Pflanze weitergetragen, wo die weibliche Blüte die Pollen abbekommt und schließlich durch sie befruchtet wird.
Die wahrscheinlich spektakulärste Fortpflanzungsmethode im Pflanzenreich ist jedoch die Explosionsbestäubung. Denn im Gegensatz zu den anderen Mechanismen sorgt die Pflanze hierbei selbst für die Verbreitung ihrer Pollen. Dabei unterscheiden sich die Vorgänge bei den verschiedenen Pflanzenarten. Manche Orchideen haben zum Beispiel elastisch befestigte Pollensäcke. Wenn nun ein Insekt die Blüte berührt, werden die Pollen durch einen Federmechanismus auf den Körper des Bestäubers geschleudert. Ginster arbeitet mit gespannten Staubblättern. Wenn ein Insekt auf der Blüte landet, schnellen die unter Spannung stehenden Blätter nach vorne und kapitulieren Pollen auf Bauch und Rücken des Nützlings. Wieder anders funktioniert es bei Salbei. Macht sich ein Insekt am Blütenkelch zu schaffen, löst es eine Hebelmechanismus aus, der den Staubbeutelarm der Heilpflanze nach unten schnellen lässt und so die Pollen von oben auf den Körper des Insektes aufbringt.
Auch wenn es verschiedene Varianten des Explosionsbestäubung gibt, ist der Vorgang immer derselbe: Mit Hilfe unterschiedlicher anatomischer Strukturen wird von der Pflanze eine gewisse Spannung aufgebaut. Ein externer Reiz wie etwa eine Berührung, eine Temperaturveränderung oder eine minimale Vibration löst dann einen Mechanismus aus. Dadurch werden Pollen aus der Blüte auf den Bestäuber geschleudert, der anschließend den ausgestoßenen Blütenstau zur nächsten Pflanze transportiert, wo die Bestäubung erfolgen kann.
Auch Pilze nutzen diese Form von Vermehrung. Besonders eindrucksvoll ist dabei die Pilzart Sphaerobolus stellatus, auch Gemeiner Kugelschneller genannt, der seinem Namen alle Ehre macht: Bis zu sechs Meter weit und über ein weites Gebiet schleudert der Pilz seine Sporen. Das erhöht die Überlebenschancen des Kugelschnellers, wenn zumindest einige der Sporen auf Boden mit optimalen Wachstumsbedingungen landen.