NABU Ortsgruppe Hessigheim | 02.09.2025
Früher gab es den Begriff Waldhygiene. Darin spielte eine weitere Insektengruppe eine besonders wichtige Rolle. Die Ameisen der Artengruppe Formica rufa, zu Deutsch wenig originell Waldameisen genannt. Die Tierchen sind Omnivoren. Bekannt sind sie jedoch vor allem als Jäger. Waldameisen erlegen große Mengen anderer Insekten, darunter viele, die Förstern als Schädlinge gelten. Raupen des Eichenwicklers (Tortrix viridiana) zum Beispiel, eine Nachtfalterspezies, werden oft erbeutet. Interessanterweise schleppen die Ameisen nicht alles gefangene Getier im Ganzen zu ihren Wohnstätten. So einiges zerlegen die jagenden Arbeiterinnen draußen, mitunter weit vom Ameisenhügel entfernt, und verleiben sich die fein zerkleinerten Stücke erst mal selbst ein. Anschließend tragen sie dieses vorverarbeitete Futter in ihren Kröpfen zum Nest – praktisch genauso, wie das auch Vögel tun. Dort teilen die Außendienst-Ameisen den Nahrungsbrei direkt von Mund zu Mund mit ihren drinnen arbeitenden Schwestern. Die Larven indes bekommen ganze Beutetiere vorgelegt, die sie mit ihren Mundwerkzeugen selbst bewältigen können.
Pflanzliche Kost spielt in der Ernährung der Waldameisen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Sechsbeiner transportieren oft Samen zu ihrem Nest, fressen diese aber nicht. Sie sind nur an einem bestimmten Anhängsel davon interessiert: dem Elaiosom. Dieser kleine Geniestreich der Evolution enthält Stärke, Proteine und Vitamine und ist dadurch überaus nahrhaft. Die Ameisen trennen diese Leckerbissen ab und tragen die Samen danach wieder aus ihrem Bau, wo sie irgendwann keimen. Elaiosome sichern somit die Saatgutverbreitung. Mehrere heimische Waldpflanzenarten, darunter der Hohle Lerchensporn (Corydalis cava) und das Buschwindröschen (Anemone nemerosa) nutzen diesen Transportweg.
Eine für Formica rufa viel wichtigere Nahrungsressource ist gleichwohl der Honigtau, sprich die stark zuckerhaltigen Ausscheidungen von saftsaugenden Insekten, darunter vor allem Blattläuse. Ameisen können Blattgewebe oder andere pflanzliche Biomasse mit Zellulose im Gegensatz zu Termiten nicht verdauen, weil ihnen dafür die symbiotischen Bakterien im Magen-Darm-Trakt fehlen. Honigtau wiederum ist de facto ein Überschussprodukt. Die Sauger nehmen durch das Anbohren der Leitbündel mehr auf, als sie verwerten können; der Rest kommt tröpfchenweise hinten raus. Dadurch haben die Ameisen direkten Zugang zur pflanzlichen Primärproduktion. Es ist eine Art Kurzschluss der Nahrungskette – des einen Abfall, des anderen Krafttrunk.