Obst- und Gartenbauverein Großingersheim | 30.11.2025
Großingersheim – Vom kleinen Nachbarschaftsstreit über Flüche und häusliche Gewalt bis hin zu Anklagen wegen Hexerei oder gar Todschlag: Mit all diesen Fällen musste sich das Dorfgericht in Großingersheim und die übergeordneten Instanzen im 18. Jahrhundert auseinandersetzen.
In einem kurzweiligen Vortrag berichtete der Gemeindearchivar Dr. Maisch über die Vielfalt der damaligen Gerichtsfälle und gab den rund 50 Zuhörern spannende Einblicke in die Rechts- und Alltagsgeschichte.
Besonders eindrücklich schilderte er den Fall von unerlaubt gepflückten Kirschen: Ein Schulmeister (Eigentümer der Kirschen) wurde beleidigt, geschlagen und schließlich bis in die Kirche verfolgt. Die Strafe für die Übeltäter betrug 3½ Gulden – etwa 30 Tageslöhne – und machte die Kirschen zu den wohl teuersten Kirschen von Ingersheim.
Auch der Nichtbesuch des Gottesdienstes konnte theoretisch geahndet werden. Das oberste Ziel des Dorfgerichts war stets die Wahrung des Dorffriedens, denn die Gemeinschaft war aufeinander angewiesen und langjährige Fehden hätten das Zusammenleben gefährdet.
Neben Geldstrafen, den sogenannten „Freveln“, gab es auch „peinliche“ Strafen: Pranger, Fronarbeit, Verbannung, Folter oder gar die Todesstrafe. Ein besonders bemerkenswerter Fall war eine Anklage wegen Hexerei. Eine Frau wurde beschuldigt, einer anderen Bauchschmerzen und andere Leiden „angehext“ zu haben. Das Herzogtum Württemberg zeigte sich hier fortschrittlich: Schwere Fälle wurden von der Universität Tübingen geprüft, wo man auf wissenschaftlichere Erkenntnisse zurückgriff – und so kam es in diesem Fall zu einem Freispruch.
Der Vortrag von Dr. Maisch bot nicht nur spannende Geschichten, sondern auch wertvolle historische Einordnungen. Die Besucher erlebten zwei interessante Stunden voller Einblicke in das Leben und die Gerichtsbarkeit vergangener Zeiten. Ein besonderer Dank gilt dem Referenten für seine anschauliche Darstellung.